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Verlorene Zeit
Diese Bewertung wurde erstellt von:
Erika aus Mainz/Rheinland-Pfalz am 01.08.2010
Klinikname:
Paracelsus Roswitha Klinik
Kurort:
Bad Gandersheim
Bundesland:
Niedersachsen
Region:
Harz
Kurdauer:
mehr als 4 Wochen
Monat/Jahr:
Juli 2010
Kurart:
Rehabilitation
Fachgebiete: Psychosomatische Erkrankungen
Die Kurklinik
Ein Gebäude bestehend aus drei Gebäudekomplexen (Haus A, B und C) aus dem Jahre 1973, terrassenartig angelegt, mit verwirrenden Wegen. Man läuft viel herum. Im Eingangsbereich ein kostenloser Wasserspender; Wasserqualität sehr gut. Die Lobby wurde renoviert und sieht aus wie ein Hotel. Der Rest ist eher bescheiden. Man könnte mehr aus dem Haus machen. Dem Gärtner wurde gekündigt, die ganze Grünanlage sieht entsprechend ungepflegt aus. Es fehlt ein gemütlicher Aufenthaltsraum.
Zimmer
Ok, einfach gehalten, mit Balkon (Südseite - im Sommer staut sich die Wärme; im Winter sicherlich angenehm). Der Balkon ist vermoost, die Liege darauf aufgrund fest sitzendem Dreck nicht benutzbar. Fenster wurden in 5 Wochen nicht geputzt. Sonst Reinigung Mo. - Fr. Handtücher und frische Bettwäsche gibt es alle zwei Wochen; auf Nachfrage aber auch früher. Handtücher sind sicherlich mehr als 20 Jahre alt. Duschvorhang musste man extra ordern. Bett und Möbel waren neu.
Problematisch: der Lärm. Es ist sehr hellhörig gebaut; ich konnte sowohl den Fernseher von oben, die Telefonate von links uns rechts hören. Vor allem freitags und samstags auch arger Lärm von draußen bis spät in die Nacht (4 Uhr). Denn dort befindet sich eine Disko sowie eine Außengastronomie, die öfter mal Partys veranstaltet.
Lage/Umgebung
Der Ort stirbt aus. Viel Leerstand, wenig Freizeitangebote. Von Vorteil ist, wer mit dem Auto da ist - dann kommt man aus dem Kaff auch mal raus. Die Landschaft ist sehr schön. Das Schwimmbad (Sole) empfehlenswert. Klinikpatienten kommen einmal täglich umsonst rein.
Therapie
Psychologische Betreuung
Eine Katastrophe! In 5 Wochen hatte ich nur 1 Aufnahmegespräch (60 Min.), 1 psychotherapeutisches Einzelgespräch (60 Min.) und ein Abschlussgespräch (20 Min). Das Abschlussgespräch zudem bei einer anderen Psychologin, da meine Bezugsbetreuerin in Urlaub fuhr. Bei Mitpatienten war das ähnlich; ein Patient hatte 2 Wochen gar keinen Bezugstherapeuten, da der seinige erkrankt war und keine Vertretung organisiert wurde.
Die Psychologen waren meist sehr jung, z.T. direkt aus der Uni (machten dort ihr so genanntes "Praktisches Jahr"). Die theoretischen Kenntnisse sind wohl gut, aber es mangelt an praktischer Erfahrung. Es wird stur nach einem bestimmten Schema gearbeitet. In den "Basisgruppen" (4 Termine) haben wir viel über die Amygdala gelernt, einen Bereich im Gehirn, der bei der Stressverarbeitung aktiviert wird. Ich frage mich, wie dieses biologische Wissen im Umgang mit Stress, Angst, Ärger etc. im Alltag hilfreich sein soll. Die Basisgruppe wurde dominiert von einer langatmigen Power-Point-Präsentation, die sich über mehrere Sitzungen hinzog. Da die Therapeutin mit der Technik überfordert war, begann jede Stunde mit einer Wiederholung der Inhalte der letzten Stunde, einschließlich der entsprechenden Folien. Auf individuelle Problemlagen der Teilnehmer / Patienten wurde gar nicht eingegangen.
Die so genannte "Indikativgruppe" (6 Termine) war etwas besser. Aber auch hier zu viel Theorie, zu wenig Praxis. Dass man "gelassener sein muss" wissen die Patienten sicherlich auch selbst - die entscheidende Frage ist doch viel mehr: wie kriege ich das hin? Darauf wurde nicht eingegangen. Es gab viel Vortrag, wenig Übung. Die Therapeutin ist den Patienten oft ins Wort gefallen oder hat deren Aussagen "umgedeutet" (z.B. sagte jemand, das mache ihn unruhig, woraus die Therapeutin dann meinte, er habe Angst. Der Patient verneinte, doch die Therapeutin beharrte auf ihrer Vokabel).
Die "Therapie" ist verhaltenstherapeutisch ausgelegt. Eine Therapie im eigentlichen Wortsinn fand allerdings nicht statt.
Nach meinem Eindruck sehen die Therapeuten dort die Patienten nicht auf Augenhöhe an, sondern wissen alles besser und bevormunden die Patienten.
Therapeuten und Ärzte kann man übrigens nicht direkt ansprechen, sondern muss, wenn man etwas will oder braucht, ihnen einen Zettel ins Fach legen. Ich habe dann mehrfach mehrere Tage auf eine Antwort gewartet. Wenn man Schmerzen hat oder ähnliches, ist das eine lange Zeit.

Medizinische Betreuung
Beim Abschlussgespräch wurde ich gefragt, was denn meine Rückenschmerzen machen. Allerdings hatte ich nie Rückenschmerzen. Beim Aufnahmegespräch wurde dies aber als Diagnose vermerkt. Das Beispiel zeigt sehr gut, wie differenziert und wohlwollend die Ärzte dort zuhören.
Ich selbst benötigte zum Glück keine medizinische Betreuung. Von Mitpatienten erfuhr ich, dass Überweisungen an Fachärzte (Orthopäden etc.) nur verschleppend und widerwillig ausgeschrieben wurden. Geheilt wird mit zwei Salben: Voltaren und Bepanthen. Die Ärzte sitzen viel über Formulare; wahrscheinlich ist das der Grund, warum die Termine zum Gespräch mit den Patienten im 5-Minuten-Abstand gemacht werden.

Physiotherapie
MAT (Muskelaufbautraining) und Ergometer (Fahrradfahren) hat wohl jeder Patient auf seinem Therapieplan. Beide Räume sind muffig, die Geräte seit einem Jahrzehnt veraltet. Alles ist in ehemaligen Büroräumen untergebracht; auch der Kleingruppengymastikraum. Platz hat man da nicht. Es gibt engagierte, aber leider auch viele gelangweilte Physiotherapeuten. Machten Patienten Fehler bei den krankengymnastischen Übungen wurden diese nicht korrigiert (ich weiß es, weil ich selbst Krankengymnastin bin)!
Autogenes Training und Progressive Muskelentspannung wurde von Krankenschwestern geleitet, die allesamt über kein didaktisches Talent verfügten und sehr konzeptlos erschienen.

Ergotherapie / Kreativbereich
Ich hätte gerne mehr Kreatives gemacht. Zwei der drei Ergotherapeuten waren allerdings in Urlaub, so dass fast alle Angebote ausfielen, z.B. war die Holzwerkstatt komplett geschlossen.
Verpflegung
Täglich eine große Salat-Auswahl. Mo. - Sa. mittags fünf Menüs zur Auswahl, darunter mind. ein vegetarisches Gericht. Kalorienangaben bei jedem Gericht. Leider immer die gleiche Wurst, der gleiche Käse - nach 5 Wochen war ich zuhause froh, mal wieder was anderes aufs Brot zu essen. Der Speisesaal ist sehr laut; trotz guten Wetters konnte man auch nicht draußen essen - u.a., weil es verboten ist, Essen aus dem Speisesaal zu nehmen. Das gilt auch für Geschirr. Wer mal einen Löffel o.ä. braucht, sollte ihn sich lieber mitbringen. Das gilt auch für Tassen. Eine Teeküche für Patienten ist zwar vorhanden, aber Tassen nicht. Das Servicepersonal im Speisesaal war immer sehr nett. Ich wollte nach zwei Wochen den Tisch wechseln, das ging problemlos. Man kann auch immer Nachschlag haben oder spontan ein anderes Gericht wählen.
Freizeitmöglichkeiten
Es gibt ein paar Freizeitangebote, die man jedoch erst finden muss. Dass man z.B. Dart spielen kann, erfuhr ich erst nach 4 Wochen. Der Kontakt zu Mitpatienten ist äußerst wichtig, da hier die Informationen zusammengetragen werden. Empfehlenswert: Meditativer Tanz. Die Frau die das gemacht hat, war sehr gut. Mäßig: die Sonntagsdisco in der Eingangshalle. Ein Alleinunterhalter spielt deutsche Schlager. Er spielt auch das "Roswitha-Lied", eine Persiflage auf die Klinik. Dieses Lied wurde vom Klinik-Direktor allerdings verboten und durfte in den letzten Wochen meines Aufenthaltes nicht mehr gespielt werden.
Einmal pro Woche wird eine Radtour (im Winter: Wanderung) angeboten. Sonntags oft kostenpflichtige Busausflüge.
Personal und sonstige Leistungen der Kurklinik
Der Servicepersonal (Zimmerreinigung, Speisesaal, Rezeption) ist im allgemeinen sehr nett. Das Fachpersonal (Ärzte, Therapeuten) kriegt man selten zu sehen und dort findet man eher kein Gehör.
In der Eingangshalle gibt es zwei Internetanschlüsse (50 Cent für 20 Minuten surfen). Man kann ein Telefon aufs Zimmer bekommen (50 Cent Grundgebühr pro Tag). Zwei Waschmaschinen und Trockner stehen zur Verfügung (1,50 Euro pro Gerät), Bügeleisen kann man sich ausleihen, zwei Bügelbretter sind vorhanden. Eine Wolldecke kriegt man beim Empfang. Ein Bücherschrank ist da, man sollte aber keine anspruchsvolle Literatur erwarten. Im Ort gibt es eine Leihbücherei, die haben mehr Auswahl und bessere Bücher.
Um 22:30 wird die Klink abgeschlossen. Wer später reinkommen will, braucht eine Ausgangsverlängerung (gilt bis Mitternacht) und ein dickes Fell; das Nachtpersonal genießt nämlich seine Macht und behandelt die Späterkommenden wie im Knast.
Tipps, Erfahrungen und Empfehlungen
Man erhält einen Therpaieplan (Tipp: diesen kopieren! Copyshop gibts im Ort). Der wird ständig geändert, Termine überschneiden sich laufend, da die Angestellten nicht vernetzt zu sein scheinen. Mal hatte ich zwei oder drei Termine zur gleichen Zeit, dann wieder ganze Tage gar nichts. Warum man welchen Gruppen zugeordnet wird, erschließt sich nicht immer.
Mitbringen: Wäscheklammern und Wäscheleine. Kann man auf dem Balkon spannen und dort dann seine Wäsche, Handtücher etc. trocknen.
Zusammenfassung
Die Kur wurde ärztlich
verordnet
Die Kur war lt. Verfasser erfolgreich Bisherige Anzahl an Kuren des Verfassers Der Verfasser benotete die Kurklinik mit
ja nein 1 mal 6 ungenügend
Fazit des Bewerters
Der Bewerter würde die Kurklinik weiterempfehlen: nein
 
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